Queergestreift Filmfestival: Dicht gepacktes Startwochenende

Ab dem kommenden Wochenende läuft im Zebra-Kino in Konstanz die Jubiläumsausgabe von «Queergestreift». Bereits zum 30. Mal findet das LGBTIQ* Filmfestival im Zebra Kino statt und ist damit älter als viele von euch tanzwütigen Mäuschen! Der Eröffnungsabend, am Freitag, startet mit dem Oscar-gekrönten Film «Moonlight». Dieser Film wird im Laufe des Festivals noch zweimal wiederholt. Anschliessend ist am Freitag der Klassiker «The Adventures of Priscilla. Queen of the Desert» zu sehen und danach wird an der Eröffnungsparty im «Kulturladen» nebenan Priscilla nachgetanzt. Djane Beauvoirista und DJ Psychosoular warten dort mit einem wilden musikalischen Potpourri aus Party-Classics, (feministischem) Pop sowie 60s und 70s Soul, Funk und R’n’b auf euch. Also werft euch in Schale, schnappt euch ‘nen Sektchen und los geht’s – auf eine glitzernde Nacht!

Hier die Filmhinweise für das kommende Wochenende:

Moonlight: «In Moonlight Black Boys Look Blue» ist der Titel des Theaterstücks, auf dem der Film basiert und dessen Farbspiel er mit sinnlich poetischen und kunstvoll arrangierten Bildern wiedergibt. Das Coming-of-Age-Drama um einen afroamerikanischen Jungen, der seine homoerotischen Gefühle in einem von Ausgrenzung, Drogensucht, Armut und Kriminalität geprägten Umfeld nicht leben darf, trotzt den konventionellen Filmerwartungen auf erzählerischer und visueller Ebene. Die in drei Lebensabschnitte unterteilte Charakterstudie über den heranwachsenden Außenseiter Chiron suggeriert feinfühlig und eindringlich eine unmittelbare Erfahrbarkeit. Vielmehr als ein falscher Briefumschlag wird die außergewöhnlich brillante Inszenierung des Oscar-prämierten Films die Erinnerungen prägen.
(Rezension von Veronica Francesca Haas)
Fr., 24.03.17, 19:00 Uhr,
So., 26.03.17, 18:45 Uhr,
Fr., 31.03.17, 20:30 Uhr

 

Priscilla ist wohl der farbenfrohste Queerfilm aller Zeiten. Drei Drag-Künstler*innen fahren aus ihrer heimischen Schwulenszene Sydneys für einen Auftritt quer durch Australien. Mit ihrem sektgetauften Bus Priscilla (womit geklärt ist, wer hier die eigentliche Queen of the desert ist) fahren sie durch das australische Hinterland, schneidern mit Tüll umhüllte Kostüme, die sicher nicht unabsichtlich häufig den Tieren und Blumen im Outback ähneln. Unterwegs  herrscht harscher Tuntenhumor aber es gibt auch einfühlsame Szenen. Die drei in ihren Kostümen begegnen derben Hinterwäldlern, begeisterten Aborigines und dem Mann für vielleicht ein Leben. Die transsexuelle Bernadette, der früher mal heterosexuell verheiratete Tick/Mitzi und die Jungsschwuppe Adam/Felicia präsentieren drei Formen schwuler Männlichkeit und transsexueller Weiblichkeit, ohne sich in eine offensichtliche Generationenreihenfolge der immer weiteren Emanzipation aufzulösen. Dass nach dem überraschenden Erfolg des Films der schwedische ABBA-Fanclub zum Boykott der Komödie aufrief, weil die Vierkopf-Band auf eine «demütigende» Weise herabgesetzt werde, zeigt dass der Film doch weit komplexer ist als manche schwule Feelgood-Komödie. – Mehr als ein Rückblick in die 90iger!
(Rezension von Martin Schneider)
Fr., 24.03.17, 21:45 Uhr

 

«Ich male Sexbilder seit meinem vierten Lebensjahr.» Mit diesen selbstoffenbarenden Worten beginnt Lisa Gornicks cross-platform Produktion The Book of Gabrielle, die Spielfilm, Buch und Live-Performance in einem ist und in der die Produzentin und Drehbuchautorin gleichzeitig Regie führt und die Hauptrolle spielt. Gabrielle, die in London lebt und mit Olivia (Anna Koval) zusammen ist, arbeitet an ihrem ersten Buch, einem illustrierten Sex-Guide mit dem Titel «How to do it». Sex ist ihr Thema. Sexleben allgemein, aber vor allem ihr eigenes. In ihrer Beziehung zu Olivia gibt sie sich lustvoll, bisweilen wild und begierig, aber auch reflektiert und liebevoll. Und dann ist da ihre Verbindung zu Saul (Allan Corduner), einem etablierten heterosexuellen Schriftsteller. Die beiden Autor_innen sind voneinander fasziniert: Obwohl Gabrielle von Sauls Büchern, die sie seit ihrer Kindheit kennt, gleichzeitig angezogen und abgestossen ist, wird er ihr ein Mentor, der ihr mit Kontakten zu Verlagen hilft. Saul hingegen scheint vom ersten Gespräch an grosses Interesse an Gabrielles Arbeit wie auch an ihrer Person zu hegen. Der Film schafft es, weibliche Sexualität offen und ehrlich zu thematisieren, wobei die Erotik sich wie ein subtiler Unterton durch alle Szenen zieht.
(Rezension von Kate Gössmann)
Sa., 25.03.17, 15:30 Uhr

Wandel, besser ausgedrückt Transition, ist jedoch genau das, was sich viele Menschen in Kuba erträumen. Einige davon porträtiert der preisgekrönte Dokumentarfilm Transit Havanna über Transsexualität auf eindrückliche Art und Weise. Juani hat schon seit langer Zeit die Transition hinter sich und bezeichnet sich selbst als ältesten Transmann Kubas. Malú und Odette warten sehnsüchtig auf ihre OP. Nur wenige werden jedes Jahr im Rahmen eines staatlich geförderten Programmes ausgewählt, in dessen Mittelpunkt eine chirurgische Geschlechtsangleichung steht, die von Ärzten aus dem kapitalistischen ‚Westen‘ durchgeführt wird. Organisiert wird das Programm vom Institut Cenesex unter der Leitung von Präsidententochter Mariela Castro. Der Film entwirft ein intimes Porträt der drei Protagonist*innen und zeigt dabei Euphorie, Hoffnung und Enttäuschungen aus nächster Nähe. Die diversen Facetten und Widersprüche der kubanischen Gesellschaft werden dabei eindrucksvoll in den Blick genommen.
Buchautor Alex Bakker wird im Anschluss an den Film für ein Filmgespräch zur Verfügung stehen.
Sa., 25.03.17, 17:15 Uhr

Heartstone erzählt die Geschichte der Teenager Thor und Christian, die in einem verlassenen Fischerdorf in den Weiten Islands aufwachsen. Eines Sommers durchleben sie das Erwachen einer neuen Gefühlswelt, was ihre Freundschaft vor neue Herausforderungen stellt. Thor interessiert sich immer stärker für ein Mädchen in der Nachbarschaft, während sich Christian mehr und mehr zu seinem Freund hingezogen fühlt. Regisseur Gudmundur Arnar Gudmundsson gelingt es fabelhaft, das innerliche Gefühlsleben Christians  mit den imposanten Landschaftsbildern der ewigen und kargen Weiten Islands in Szene zu setzen. Insbesondere deutet der Film auf die eng gezogenen Grenzen des Sag- und Unsagbaren in unserer Gesellschaft und erhellt damit ein noch immer vorhandenes Tabuthema. Während Thor sich in der typischen Manier eines Jugendlichen schüchtern aber klar über seine Gefühle und Wünsche äußern kann, verstummt Christian immer mehr und zieht sich tiefer in sich selbst zurück.
(Rezension von Alexander Schollbach)
Sa., 25.03.17, 20:00 Uhr,
Fr, 31.03.17, 18:00 Uhr

Aliens, Monster, Werwölfe, Zauberer und Elfen? Nerd-Alarm! Neils größte Leidenschaft ist das Schreiben von sogenannter Slash Fan Fiction, einem Subgenre, bei dem Geschichten die homosexuelle Anziehung zwischen Charakteren des Originalwerks behandeln, auf das die jeweilge Fanfiction Bezug nimmt. Neils Held und Hauptdarsteller ist dabei Vanguard, der Held eines Sci-Fi Franchises. Als eines Tages seine Geschichten in der Schule gegen seinen Willen veröffentlicht werden, wird Julia auf ihn aufmerksam, die ebenfalls homoerotische Fanfiction schreibt. Sie überzeugt den introvertierten Neil davon seine Geschichten in einem Internetforum einzustellen, wo sie plötzlich eine ungeahnte Eigendynamik entwickeln. Neil erhält sogar eine Einladung zu einer Comic Con, auf der er seine Werke bei einem Wettbewerb vorlesend darbieten soll. Zwischen allerlei Fantasy-Figuren, Nerds und ersten Drogenerfahrungen verschwimmen wie auch in seinen Geschichten Kunst und Wirklichkeit. Der etwas anderen Coming of Age Film wirft einen sehr spassigen und unterhaltsamen Blick auf einen bisher eher weniger beachteten Aspekt der zeitgenössischen Popkultur. Und neben aller Unterhaltung zeigt Slash aber eben auch sehr einfühlsam die jugendliche Suche nach Identität und Sexualität, bei der sich ähnlich wie in Neils Fan Fiction die Grenzen zwischen den Geschlechtern auflösen.
(Rezension von Christoph Sinz)
Sa., 25.03.17, 22:30 Uhr,
Mo, 03.04.17, 19:00 Uhr

Coming Out ist ein Zeitzeugen-Dokument aus der DDR der 1980er-Jahre: Der Lehrer Philipp Klarmann trifft durch seine Kollegin und Partnerin Tanja seine Jugendliebe Redford wieder. Die Begegnung mit Redford ruft verdrängte Sehnsüchte hervor. Er flüchtet ‚in eine Kneipe und trinkt, um alles runter zu schlucken, weil er merkt, was mit ihm los ist‘ – so das wohl bekannteste Filmzitat. An diesem Abend begegnet er Matthias und, wie es der Zufall oder der Film eben so will, sehen sich die beiden wieder und kommen sich näher. Doch Philipp fällt es nicht einfach, seine Wünsche zuzulassen… Die Geschichte von Philipps Coming Out wird im Film über das Zusammentreffen von Offensichtlichkeiten und Unaussprechlichkeiten verhandelt. Was vor 28 Jahren in einem Staat, der schon lange nicht mehr existiert, für viele Homosexuelle ein wichtiges Thema war, ist auch heute aktueller denn je. Von und in der Öffentlichkeit werden LGBTIQ*-Menschen zur sexuellen (Selbst- oder Fremd-)Verortung ermutigt, aber auch gedrängt.
(Rezension von Rebecca Puchta)
So., 26.03.17, 16:00 Uhr

Im Coming-Of-Age-Drama First Girl I Loved folgen wir der 17-jährigen Anne, die sich Hals über Kopf in Sasha, den Star der High-School-Softballmannschaft, verliebt. Als Anne ihren besten Freund Clifton ins Vertrauen zieht, reagiert dieser alles andere als verständnisvoll und es zeigt sich, dass zwischen den beiden jede Menge Unausgesprochenes steht. Frustration, Unverständnis und Gewalt führen zum Bruch der Freundschaft. Zwischen intensiven Blicken und intimen Whats-App-Nachrichten wächst hingegen die Anziehung zwischen Anne und Sasha. Mit ganzer Wucht versetzt unsder Film zurück in die Zeit mit 16, als frau zum ersten Mal so richtig verliebt war, als alles so aufregend und neu war. Als Anne und Sasha sich auf der Tanzfläche eines fast leeren Clubs gefühlt minutenlang tief in die Augen schauen und sich ihre Lippen immer näher kommen, ist die Spannung in der Luft zum Greifen. Jedoch bleibt das Liebesglück nicht ungetrübt. First Girl I Loved gewann 2016 den Publikumspreis des Sundance Filmfestivals. Unter den großartigen Performances der Schauspieler_innen beeindruckt besonders Hauptdarstellerin Dylan Gelula, die ihrem Charakter selten gesehene Tiefgründigkeit und Komplexität verleiht. Ungekünstelt stellt sie als Anne eine Heranwachsende dar, der es entgegen aller sozialen Vorbehalte gelingt, sich selbst und ihr Begehren zu entdecken und sich darüber klarzuwerden, wozu sie Nein und wozu sie Ja sagen will.
(Rezension von Kate Gößmann)
So., 26.03.17, 21:15 Uhr,
Mi., 05.04.17, 19:00 Uhr

Bearbeitung der Filmhinweise: Queer-Lake-Redaktion
Das ganze Festivalprogramm auf: www.queergestreift.com