Pink Apple Filmfestival zum Zwanzigsten

Ironische Reaktion der Pink-Apple-Macher auf die Proteste fundamentaler Christen.

Es war Anfang Mai 1998 als die damalige Thurgauer Regierungsrätin Vreni Schawalder vor ausverkauften Reihen im damals noch kleinen Cinéma Luna in Frauenfeld das erste Pink-Apple-Filmfestival eröffnete. Gezeigt wurde nach ihrer Rede der amerikanische Dokfilm «The Celluloid Closet». Dessen Regisseure, Rob Epstein und Jeffrey Friedmann bekommen dieses Jahr, anlässlich der 20. Ausgabe des Festivals, den Pink-Apple-Award und fliegen dafür extra nach Zürich.

Pink Apple ist heute vor allem ein Zürcher LGBTIQ-Filmfestival. Doch begonnen hatte alles in der Thurgauer Hauptstadt Frauenfeld. Und weil der Thurgau als «Mostindien» bekannt ist, als Apfelkanton, lag die Namensgebung nahe. Der Journalist Thomas Müller war es, der vom Konstanzer Lesben- und Schwulenfilmfestival – damals hiess es noch «Warmer Winter», heute heisst es «Queergestreift» und es gibt es seit 30 Jahren! – so angetan war, dass er fand, was am deutschen Bodenseeufer möglich ist, müsse doch auch im Frauenfeld funktionieren. Müller erzählte so lange und so vielen Bekannten von seinen Plänen, bis er ein paar Unentwegte zusammen hatte. Mit bei den Gründern dabei waren unter anderem der Museumsfachmann Heinz Reinhart und Roland Loosli, bis heute einer der leitenden Köpfe des Festivals. Und mit dabei war auch der damalige Leiter der Aids-Hilfe Thurgau, Daniel Bruttin. Der Lotteriefonds sprach eine Defizitgarantie, die Thurgauer Gemeinnützige Gesellschaft bewilligte ein paar Hundert Franken, aber die Stadt Frauenfeld lehnte eine Unterstützung rundweg ab.

Die Macher hatten sich unter anderem an der Berlinale die Teddy-Programmierung angeschaut und gleich die neusten Produktionen in die Ostschweiz geholt. Zudem gab es Meilensteine wie Almodóvars «La ley del deseo» zu sehen, «Hustler White» von Bruce la Bruce oder die jeweils neusten Praunheim-Werke. Doch programmiert waren sie noch nicht als eigentliches Festival. Das Cinéma Luna «verbannte» die lesbischen und schwulen Themen mehrheitlich auf mehrere Montagabende – damals vom Mai bis Ende Juni. Im Eröffnungsjahr gab es auch schon eine Party, eine «Pink Army Night» als «schwullesbischen Beitrag von Pink Apple zu den Armeetagen», die in Frauenfeld zur gleichen Zeit stattfanden.

Fundamentale Christen protestierten

Zu unerwarteter Publizität kam Pink Apple dank der Proteste fundamentaler Christen, die sich mit Plakaten vors Kino stellten um gegen den angeblichen Verfall der Moral zu protestieren. Darüber regten sich die Macher anfänglich auf, doch bald nahmen sie den Ball auf und machten ironische Gegenpropaganda hin (siehe Foto). Prompt berichtete die halbe Schweizer Presse darüber.

Als im Jahr 2000 in Zürich die Eurogames stattfanden, kam von den Organisatorinnen des «Warmen Mai» die Anfrage, ob man die Pink-Apple-Filme nicht auch in Zürich zeigen könnte. In Zürich lief zuerst bloss eine Zweitverwertung des Frauenfelder Programms. Doch im Laufe der Zeit verschoben sich die Gewichte. In Zürich gewannen die Frauen-Filme stark an Bedeutung. Die Frauenfelder Männer hatten anfänglich die Filme mit lesbischer Thematik eher stiefmütterlich behandelt.

Die Pink-Apple-Crew ist inzwischen auf rund fünfzig Köpfe gewachsen. Und damit auch alle etwas von den oft fremdsprachigen Filmen haben, werden heute neueste Streifen extra von Pink-Apple-Leuten untertitelt und zu jeder Vorführung live auf die Leinwand projiziert.

Keiner der Gründer wohnt mehr im Thurgau. Trotzdem ist das Festival der alten Heimat treu geblieben. Thurgauer Nachwuchs unter den Macherinnen und Machern ist allerdings rar.

Pink Apple 2017

Vom Freitag, 5. Mai, bis zum Sonntagabend, 7. Mai, laufen auch dieses Jahr alle wichtigen Pink-Apple-Filme in Frauenfeld, im inzwischen neuen Cinéma Luna, direkt beim Ausgang der Bahnhofunterführung.

Im Jubiläumsjahr werden in Frauenfeld aber nicht nur 18 Filme gezeigt. Es sind auch zwei Diskussionsveranstaltungen programmiert:
Am Samstag, 6. Mai um 15.30 Uhr, geht es um «Thurgau – Hölle und Verdammnis?» Dabei wird den damaligen Vorurteilen der christlichen Fundamentalisten nachgespürt und die aktuelle Haltung der Kirche gegenüber LGBTIQ-Menschen diskutiert. Interessant dabei: Der heutige Frauenfelder Stadtpräsident Anders Stockholm hat ein offenes Ohr für Pink Apple. Vor seiner Wahl war er Pfarrer in Schaffhausen und setzte sich in der reformierten Kirche für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ein – er wird am 6. Mai mitdiskutieren.

Am Sonntag, 7.5. um 15 Uhr, geht es um die Frage: «Ostschweiz – wo ist die Community?» Kennerinnen und Kenner der Szene von Schaffhausen über Winterthur bis St.Gallen diskutieren.

Programmhinweise folgen.

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