Mr.Gay Switzerland: Wieder aus der Ostschweiz

Marco Tornese (32) ist in Herisau aufgewachsen und wird an den Mr.Gay-World-Wahlen dieses Jahr die Schweiz vertreten. Damit steht nach dem letztjährigen Kandidaten, Peter Anderegg, schon wieder ein Appenzeller auf der Bühne. Marco – selber einer, der Queer-Lake.net geliked hat – hat uns ein paar Fragen beantwortet.

Queer-Lake: Marco, erzähl uns doch kurz die Basics deiner Biografie.

Ich bin in Herisau aufgewachsen. Mit 25 Jahren bin ich nach Gossau SG gezogen und seit zwei Jahren wohne ich in Lausanne. Ich arbeite seit zwölf Jahren bei einer gossen Schweizer Bankengruppe – immer bei der gleichen.

Du kennst viele Leute in der Ostschweiz, in Zürich und wohnst in Lausanne? Wo findest du das Leben am spannendsten?

Für Lausanne habe ich mich aufgrund des Job-Angebots entschieden. Ich war vorher noch nie in dieser Stadt und fand diese mir fremde Region spannend. Nach zwei Jahren hab ich mich gut eingelebt und fühle mich sehr wohl. Lausanne bietet alles was ich brauche. Die Stimmung ist sehr offen und international. Ich geniesse den See und die Berge und das tolle Wetter. Ich vermisse allerdings meine Freunde und Familie in der Ostschweiz. Ich kann mir momentan jedoch nicht vorstellen, wieder in die Ostschweiz zurück zu kommen. Zürich bietet sehr viel und ist die Stadt, in der ich in Zukunft meinen Wohnsitz sehe.

Deinen Mr.Gay-Switzerland-Titel musstest du an keiner Ausscheidung verteidigen. Wie bis du dazu gekommen?

Es gab dieses Mal keine öffentliche Wahl, aber jeder Interessierte konnte sich online bewerben. Ich wurde von den Organisatoren bereits im letzten Jahr darauf angesprochen, mich zur Wahl zu stellen. Sie meinten, ich wäre ein guter Kandidat für die Mr.Gay-World-Wahl. Ich habe dann dieses Mal meine Daten und Fotos eingesandt, wie alle anderen Interessierten auch. Da mich die Organisatoren bereits kannten, reichte danach ein Interview per Skype. Wie beim Grand Prix d’Eurovision kann auch bei Mr.Gay-World-Wahl jedes Land selbst entscheiden, wie die Vorauswahl getroffen wird.

Die Agentur, die die Mr.Gay-Switzerland Rechte besitzt, sitzt ja im Bodenseeraum …

… ja, die Agentur ist Nouba-Events mit Hauptsitz in Bregenz. Sie ist seit vielen Jahr bei den Mr.Gay-Wahlen dabei. Dieter Sapper von Nouba-Events hat im letzten Jahr sogar die Mr.Gay-World-Wahl in Malta organisiert und hat langjährige Erfahrung in diesem Bereich. Ich bekomme eine tolle Unterstützung.

Du hast letztes Jahr im schwulen Theaterstück «Wintermond» mitgespielt. Bist du auch anderweitig in der Gay-Szene engagiert?

Schon vor dem Theaterstück habe ich einiges in diesem Bereich gemacht. Ich war schon für Checkpoint Zürich und für die Arosa-Gay-Skiweek im Einsatz. Bei Gaysport Zürich habe ich bei einem Badminton-Turnier mitorganisiert und ich war auch schon in einer Schulklasse und habe dort zum Thema Homosexualität gesprochen. Ich denke, wenn jeder seinen kleinen Einsatz für uns LGBTs leistet, können wir Vieles bewirken. Klar, es geht nur Schritt um Schritt. Aber wir sind auf einem guten Weg und bald werden für uns die selben Rechte gelten, wie für alle anderen auch.

Du präsentierst dich, zum Beispiel auf Facebook und mit Youtube-Filmen, sehr körperbetont und machst oft bei Bodypainting-Aktionen mit. Was reizt dich da dran?

Hahahaha… ja, ich zeig mich körperbetont und habe auch kein Problem mich zu zeigen. Bei einem Bodypainting geht das auch fast nicht anders ;-). Als Mr.Gay-Kandidat muss man das auch wollen, denn sich zu präsentieren gehört dazu – auch in Badehose auf der Bühne oder bei den Fotoshootings. Es ist schön, wenn ich für die harte Körperarbeit Komplimente bekomme. Vor einigen Jahren habe ich noch nicht so ausgesehen.

Bild: aus Marcos Facebook-Fotos

Wie viel Zeit verbringst du mit Training?

Ich gehe täglich ins Training, das ist meine Sucht. Wenn ich an einem Tag nicht trainiert habe, dann fehlt mir etwas. Ich denke, das ist auch der Grund, warum ich seit drei Jahren nie mehr krank war. Gesunde Ernährung, Sport und genügend Erholung helfen da bestimmt.

Du sprichst fünf Sprachen, bist zweisprachig aufgewachsen. Das sind ideale Voraussetzungen für eine internationale Mr.Gay-Wahl. Kannst du auch Spanisch? Die Wahl findet ja in Madrid und auf Gran Canaria statt?

Mein Vater ist Italiener und meine Mutter Schweizerin. Da ich nun seit zwei Jahren in der Westschweiz lebe, spreche ich auch fliessend Französisch. Englisch ist für mich eine einfache Sprache und mit dem Theaterspielen habe ich auch mein Hochdeutsch verbessern können. Spanisch verstehe ich gut, spreche jedoch nur wenig. Ich hoffe, dass ich vor der Jury trotzdem ein paar Sätze rausbringe.

Werden wir dich dann auch an den Pride-Veranstaltungen hierzulande mit einer Show auf der Bühne sehen?

Ich treffe mich dieser Tage mit David Reichlin, dem Präsidenten von Zürich-Pride. Er wird mir einige Tipps für mein «Mister-Sein» in der Schweiz geben. Vielleicht macht er mir ja ein Angebot für einen Auftritt an der Pride. Ich bereite mich momentan täglich auf die Wahl vor und hoffe natürlich sehr, dass ich an der Mr.Gay-World-Wahl gewinne. Mit einem solchen Titel bekomme ich vielleicht auch noch andere Auftritte – also noch mehr Motivation für mich. Ich möchte den Titel gerne als erster in die Schweiz holen.

Noch was Privates: Dein Beziehungsstatus interessiert, weil viele wissen, dass du mit dem ehemaligen Mr.Gay-Schweiz, Stephan Bitterlin, zusammen warst.

Wir waren dreieinhalb Jahre zusammen. Im September 2016 haben wir uns getrennt, haben aber ein gutes Verhältnis und halten den Kontakt. Ich freue mich sehr, dass er mir bei dieser neuen Aufgabe hilft, da er genau weiss um was es geht und mir Tipps geben kann. Nun bin ich glücklicher Single. Das ist für die Teilnahme an der Mr.Gay-World-Wahl sicher einfacher. Eine Beziehung wäre für mich momentan schwierig, da ich neben den Vorbereitungen und meinem anspruchsvollen 100-Prozent-Job fast keine Zeit für etwas anderes habe.

Seit ein paar Tagen ist deine Kandidatur bekannt. Wie waren die Reaktionen?

Ich war sehr überrascht, wie viele positive Reaktionen und Gratulationen ich erhalten habe und wie gross die Unterstützung in der Community ist. Dies zeigt mir, dass es ein grosses Interesse gibt. Am Tag nachdem die Meldung veröffentlicht wurde, war ich den ganzen Tag am Handy: Einladungen für Interviews, für ein Meet&Greet-Event, Fototermine. Ich verstehe das Interesse noch nicht ganz, ich habe ja noch nichts geleistet. Ich freue mich aber, die Schweiz zu repräsentieren und dank dieser Möglichkeit in der Öffentlichkeit auch etwas verändern zu können.

An der Mr.Gay-World-Wahl muss jeder Kandidat eine Message mitbringen die bei der Vergabe der Punkte mitgezählt wird. Was ist deine Message?

Ich habe mich für «mehr Toleranz innerhalb der Community» entschieden und habe dazu bereits Ideen und Lösungsvorschläge. Konkret werde ich diese jedoch erst an der Wahl selbst vorstellen – die Konkurrenz ist schliesslich gross.

Danke, Marco – wir drücken dir die Daumen.

www.mrgayswitzerland.ch

 Interview: René Hornung