Crazy, Queer, and Lovable – Ovartaci

Louis Marcussen, genannt Ovartaci (1894–1985), kann als der dänische Wölfli bezeichnet werden. Das Museum im Lagerhaus in St.Gallen zeigt das ausserordentliche Gesamtkunstwerk zum ersten Mal in der Schweiz. Zeitlebens beschäftigt Ovartaci das Thema der Verwandlung. Bilder, Skulpturen, sogar Flugmaschinen spiegeln Fantasien zu verschiedenen Reinkarnationszyklen von Ovartacis Leben – sei es als Schmetterling, Vogel, Puma oder Tiger.

Zahlreiche weibliche Figuren und Puppen, kleine bis nahezu lebensgrosse, aus Papier, Karton oder Papiermaché, stellen Seelenverwandte dar, mit denen sich Ovartaci im Zimmer umgibt und auch Wände und Bett bemalt. Sie verweisen auf die Sehnsucht, das andere Geschlecht zu verkörpern, um seinen eigenen männlichen Geschlechtstrieb zu verlieren. Durch Selbstkastration vollzieht Ovartaci schliesslich die gewünschte Anpassung vom Mann zur Frau.

‹Ovartaci› ist der in den frühen 1930er-Jahren selbstgewählte Name, das Alter Ego. Im jütländischen Dialekt ‹Ovartaci›, bedeutet Ovartaci der ‹Ober-Patient›. Doch gegen Ende des Lebens kehrt Ovartaci wieder zum ursprünglichen bürgerlichen Namen zurück. Zum Maler und Dekorateur ausgebildet, ist Ovartaci 56 Jahre lang, 1929–1985 Insass*in psychiatrischer Anstalten: Nach Dalstrup in Djursland, (1932–1942), wo Ovartaci sogar die Kapelle ausmalen darf, ist Ovartaci die längste Zeit im Psychiatrischen Hospital in Århus-Risskov. Man begegnet Ovartaci dort mit Respekt. Sie/er ist die ‹Prima Donna› der Klinik, geniesst persönliche Freiheiten und die Ärzte schätzen die Gespräche mit ihr/ihm. In diesem geschützten Rahmen lebt Ovartaci in Transidentitäten und gestaltet sich den Lebensraum zu einem einzigartigen Universum.

Die Transgender-Debatte ist hoch aktuell. In der Parallelausstellung werden zeitgenössische künstlerische Positionen des Weiblichen, Männlichen und von Transgender aufgegriffen, und alle Gäste sind eingeladen, sich in ihrer Selbstwahrnehmung zu äussern. Mit Michelle ‹Jazzie› Biolley (1976), Muda Mathis (1959) & Sus Zwick (1950), Francesca Bertolosi (1977) und Sascha Alexa Martin Müller (1964).

Vernisssage: 30. September, 18.30 Uhr, Museum im Lagerhaus, St.Gallen
Die Ausstellung wird von mehreren Diskussionsveranstaltungen begleitet. Siehe Queer-Lake-Veranstaltungskalender.

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